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Wallfahrt

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Was ist eigentlich eine Wallfahrt?

Eine Wallfahrt (lateinisch Peregrinatio religiosa, von »wallen«, in eine bestimmte Richtung ziehen, »fahren«, unterwegs sein) ist das Zurücklegen eines Pilgerweges zu Fuß oder mit einem Transportmittel,
an dessen Ziel eine Pilgerstätte besucht wird. Sie kann unternommen werden, um ein religiöses Gebot, eine Buße oder ein Gelübde zu erfüllen oder in der Hoffnung auf Gebetserhörung und wird auch als Pilgerreise, Pilgerfahrt, Betfahrt und im Islam als Haddsch oder Ziyāra bezeichnet.

Geschichte der Wallfahrt

Im Laufe der Menschheitsgeschichte finden wir Wallfahrtsorte in allen Kulturen und Religionen. Allen Religionen scheint dabei gemeinsam zu sein: Die Menschen wollen dem, was sie als heilig verehren, so nahe als nur möglich sein, um dadurch für ihr eigenes Leben das zu gewinnen, was ihnen ih r Glaube als das Wichtigste und Notwendigste erkennen lässt.

Seitdem sich die Christenheit nach der Verfolgungszeit zu ihrem Glauben öffentlich bekennen durfte, zeigte sie das Bedürfnis zur Wallfahrt. Zunächst lenkten die Christen ihren Pilgerschritt zu den Gräbern der Märtyrer, und da vor allem zu den Apostelgräbern in Rom und Santiago de Compostela. Später stellten Jerusalem und das Hl. Land das Hauptziel christlicher Pilgerfahrten dar.

Was in der Zeit der Aufklärung und erst recht unter dem Terrorregime des sogenannten Dritten Reiches unterbunden, wenn nicht ausgerottet werden sollte, erlebt in unseren Tagen eine neue Blüte. Wenn das 2. Vatikanische Konzil ausdrücklich von der »Pilgernden Kirche Gottes« spricht, dann denkt es an das, was heute viele Christen unterschiedlichsten Alters auch spüren, wenn sie zu einer Wallfahrt aufbrechen:

Wir demonstrieren vor einer glaubensarmen Öffentlichkeit unseren Glauben an eine »Höhere Macht«, an eine Wirklichkeit, die über allem Diesseitigen steht und doch entscheidend auf unser Leben einwirkt, auch und gerade dort, wo sich für uns Menschen die Grenzen des »Machbaren« aufzeigen.

Wir bitten und danken dem Geber alles Guten. Damit bringen wir sichtbar unsere Überzeugung zum Ausdruck, dass wir weder dem Zufall, noch einem blinden Schicksal ausgeliefert sind. Wir bekennen vielmehr, wenn wir an einen Gnadenort pilgern, dass über allem menschlichen Mühen und Streben Gottes Liebe waltet.

Judentum

Im antiken Judentum begingen die Israeliten Pessach, Schawuot und Sukkot als Pilgerfeste, wie es im Tanach geboten wurde. Die Reise des Propheten Elija zum Berg Sinai wird in der Bibel als persönliche Erfahrung beschrieben.

Ziel der antiken Wallfahrten anlässlich der jüdischen Pilgerfeste war seit seiner Errichtung der Tempel in Jerusalem. Zum Beginn unserer heutigen Zeitrechnung hatte die Wallfahrt im Judentum eine herausragende Bedeutung. Das zur Zeit des Römischen Reiches 40.000 Einwohner zählende Jerusalem wurde an den drei Wallfahrtsterminen und an den jeweils sieben Tage dauernden Festen mit einem Vielfachen an Pilgern bevölkert, die oft nur in Laubhütten in Innenhöfen oder auf Flachdächern eine Herberge fanden. Die männlichen Juden sollten gemäß der Tora dreimal im Jahr zum Tempel pilgern.

Der Jerusalemer Tempel stellte das größte sakrale Bauwerk der römischen Zeit dar. Nach der Zerstörung Jerusalems unter Titus im Jahr 70 n. Chr. war der religiöse Mittelpunkt des Judentums und Israels ausgelöscht und der zentrale Wallfahrtsort nicht mehr existent. Vom Tempel ist heute nur noch die Westmauer (Klagemauer) des Plateaus des früheren zweiten Tempels erhalten. Der Besuch der Klagemauer (siehe auch Tempelberg) wird im jüdischen Glauben allerdings heute nicht als Wallfahrt verstanden. Rabbinische Bestrebungen versuchten in der nachfolgenden Geschichte religiöse Wallfahrtstraditionen, wie potenzielle Heiligenverehrungen, Götzendienste und Grabkulte zu verdrängen.

Christentum

Durch Übernahme der Kultur der jüdischen Reisen nach Jerusalem zu den Zeiten der Pilgerfeste, und in deren Abwandelung reisten auch Christen seit dem frühen Mittelalter zu den heiligen Stätten. Christliche Wallfahrten dienen etwa als Bußwerk, um geheilt zu werden oder in besonderen Anliegen zu beten. Seit dem frühen Mittelalter hatten bis ins 15. Jahrhundert christliche Wallfahrten das Heilige Land zum Ziel.

Im Mittelalter etablierte sich die christliche Wallfahrt als ein Glaubenszeugnis, insbesondere weil die Wege zu den Wallfahrtsorten oft weit, mühsam und möglicherweise gefährlich waren. Es gab umfangreiche Vorbereitungen zur Finanzierung dieser langen Fahrt, wobei häufig Grundbesitz mit Rückkaufsrecht für den Fall der Heimkehr verkauft wurde und in aller Regel auch Testamente aufgesetzt wurden, die Bestimmungen für den Fall trafen, dass man nicht mehr zurückkam.

Am Beginn einer Wallfahrt steht häufig ein Aussendungsgottesdienst, meist eine Heilige Messe oder auch ein Wortgottesdienst. Man musste nicht unbedingt selbst pilgern, man konnte auch andere für sich gegen Bezahlung pilgern lassen. Die Pilgermarken vom Zielort sollten belegen, dass der Beauftragte tatsächlich dort gewesen war. Dies wurde durch Fälschungen oft unterlaufen. Die Pilger hatten eine spezielle Tracht: Langer Mantel, breitkrempiger Hut, Pilgertasche, Trinkflasche und Pilgerstab.

Große Wallfahrtskirchen hatten spezielle Einrichtungen für Kranke, die bei den Reliquien Heilung suchten. So entwickelten sich Hospitäler und daraus schließlich regelrechte medizinische Zentren.

Als besondere, gewaltbegleitete Form der Wallfahrt entwickelten sich mittelbar auch die Kreuzzüge, mit politisch-strategischer Bedeutung. Als sich die Christen aus dem Heiligen Land zurückziehen mussten und die dortigen Pilgerstätten für Jahrhunderte nur schwer erreichbar waren, traten in der Westkirche Gräber von Heiligen mit ihren Reliquien, die leichter erreicht werden konnten, stärker in den Vordergrund. Dazu kamen Pilgerstätten und Kalvarienberge wie die Sacri Monti.

Von besonderer Bedeutung als christlicher Wallfahrtsort sind die Gräber der Apostel Petrus und Paulus in Rom, das Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela und die Stätten des Heiligen Landes. Pilgerfahrten zu diesen Zielen gelten bei den Katholiken als Hauptwallfahrten, Fahrten zu weniger bedeutenden Orten als Nebenwallfahrten.

Daneben entwickeln sich Pilgerfahrten zu Orten, die nicht durch den Heiligen Stuhl oder den Ortsbischof als Wallfahrtsort anerkannt sind, allen voran sei Međugorje in Bosnien-Herzegowina genannt. Es gibt Zehntausende christliche Pilgerstätten. Die weltweit größten jährlichen Wallfahrten finden zur Basilika der Jungfrau von Guadalupe (ca. 20 Mio. Pilger) und zu den Pilgerstätten Roms (ca. 18 Mio. Pilger) statt.

Islam

Zu den Fünf Säulen des Islam gehört die Wallfahrt nach Mekka im letzten Monat des islamischen Kalenders. Demnach muss jeder erwachsene Muslim, der körperlich und finanziell dazu in der Lage ist, einmal im Leben das islamische Zentralheiligtum der Kaaba besuchen.

Muslime unterscheiden zwischen der großen (Hadsch)
und der kleinen Wallfahrt (Umra), die das ganze Jahr über durchgeführt werden kann. Zur Hadsch strömen jährlich bis zu drei Mio. Muslime aus aller Welt nach Mekka. Für viele ist es der Höhepunkt ihres Lebens als Gläubige.

Die Kaaba war bereits in vorislamischer Zeit eine zentrale Kultstätte, an der vermutlich viele verschiedene Götter angebetet wurden. Dort soll nach islamischer
Tradition bereits Adam die Grundfesten der Kaaba gelegt haben und Ibrahim (so lautet die koranische Bezeichnung für Abraham) später mit seinem Sohn Ismail das »erste Haus Gottes auf Erden« erbaut haben.

Die mehrtägige Wallfahrt besteht aus einer Fülle genau vorgeschriebener Riten, die sich stark an der Abschiedswallfahrt Muhammads orientieren. Der Gläubige legt zum Beispiel für die gesamte Zeit der Wallfahrt das weiße Pilgergewand an. Frauen entfernen ihr Make-up, legen den Schmuck ab und bedecken ihre Haare zusätzlich zu dem Gewand mit einem weißen Tuch. Fortan soll sich der Pilger ganz auf Gott konzentrieren. Während der Wallfahrt ist Streit und alles Böse verboten sowie Intimitäten zwischen Eheleuten.

Zu Hause wird der Pilger als sog. Hadschi (bzw. Frauen als Hadscha) geehrt. Wer die Pilgerreise in der richtigen Einstellung vollzieht, kehrt laut islamischer Überlieferung »rein von jeder Sünde zurück, als wäre er gerade geboren«. In einer anderen Überlieferung heißt es sogar: »Der Lohn der Pilgerreise ist das Paradies.« Das Pilgergewand wird aufgehoben und dient später als Leichentuch.

Hinduismus

Für Hindus ist die Pilgerfahrt (Jatra) ein solch wichtiger Bestandteil ihrer religiösen Praxis, dass fast jeder Ort in Indien als heilig genug gelten kann, um ein Pilgerzentrum zu sein.

Heilige Orte der Hindus liegen meist an Flußufern, Küsten, Stränden und auf Bergen. Schnittpunkte zwischen Land und Wasser, zwei oder besser noch drei Flüssen, nehmen gewöhnlich eine heilige Bedeutung an.

Viele Hindus unternehmen eine Pilgerfahrt durch ganz Indien mit dem Zug. Die Reise dauert etwa zehn Wochen, je nachdem, wie lange die Pilger an jedem Ort bleiben.

Buddhismus

Im Buddhismus gibt es zahlreiche Pilgerstätten. In den buddhistischen Ländern selbst pilgert man auch oft zu besonderen Tempeln oder Klöstern, die durch ihr Alter und ihre Tradition herausragend sind (z. B. Sanchi).

Foto Sonnenuntergang: Unsplash