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»Wandel«

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Gedanken zum Terminus

Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Wandel hören?
Wahrscheinlich auch zunächst an Begriffe wie Wechsel, Umwandlung, Neuordnung, Veränderung. Vielleicht auch an moderne Begriffe wie Revolution, Reform, Transfer, Krisenbewältigung. Egal, was Ihnen an Begriffen noch einfällt, allen ist eines gemeinsam: Es geht um Bewegung. Leben ist niemals Stillstand, sondern hat immer mit Entwicklung, Veränderung zu tun. Schon der griechische Philosoph Heraklit hat mit seinem Ausspruch »Panta rei« (»Alles fließt«) darauf hingewiesen, dass man niemals in denselben Fluss steigen kann. Auch der Dalai Lama teilt diese Erkenntnis, wenn er sagt: »Alles bewegt sich auf dieser Welt und ist einer ständigen Wandlung unterworfen«.

Beide sprechen also eine Wahrheit aus, die wir alle aus unserer Erfahrung kennen: Allem, was lebendig ist, ist von Grund auf angelegt sich zu verändern und zu wandeln. In der Natur und im gesamten Kosmos ist immer Bewegung, Entwicklung, Veränderung und Wandel sichtbar. Aus einer Raupe wird ein Schmetterling, aus einer Löwenzahnblüte eine Pusteblume, aus scheinbar verdorrten Ästen knospen grüne Zweige. Auch unser Körper ist ständigem Wandel unterzogen. Organe, Knochen, Haut – fast alle Körperzellen »wachsen nach«, wenn alte Zellen sterben. Wir wissen auch, wie sich unserer Gefühle und Leidenschaften verwandeln können: Hass in Liebe, Ablehnung in Wohlwollen, Angst in Vertrauen, Traurigkeit in Freude. Wandlung schließt naturgemäß auch immer wieder neue Abschiede ein. Etwas geht zu Ende, etwas Neues beginnt. Das betrifft auch unsere eigene Geschichte und die Strukturen, in denen wir leben und die Wirklichkeit deuten. Immer müssen wir loslassen, zulassen, uns einlassen.

Dagegen sich zu wehren, ist sinnlos. Vielmehr geht es darum, sein »Ändern zu leben« (Motto der Salzburger Hochschulwochen), d.h. seine Wandlungsprozesse aktiv zu gestalten. Denn »Veränderung und Entwicklung sind Zeichen von Vitalität und Freiheit. Dazu braucht es Freimut statt Furcht, Bewegung statt Erstarrung.« (Julia Knop, Furche 31)

Beide Aspekte drückt Hermann Hesse in folgendem Gedicht poetisch so aus:

Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Text: August Brückler
Bild: © AdobeStock_266487729.jpeg