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»Absichern - Versichern - Zusichern«

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Aktuell gibt es viel Gesprächsstoff, der sich vor allem um zwei Begriffe dreht, die heute massiv unser Denken bestimmen: Sicherheit und Freiheit. Ein guter Grund, sie gerade in der Fasten- und Osterzeit im Koloman zu thematisieren.

Mit Sicherheit ist »Sicherheit« ein wichtiges Grundbedürfnis des Menschen, nicht nur in Politik und Gesellschaft, sondern auch im Leben jedes Einzelnen. Denn jeder sucht auf seine Weise nach einem Halt im Leben, will sich im Grunde beschützt und geborgen fühlen.
Wenn wir in unser tägliches Leben einmal bewusst hineinschauen, merken wir, dass zum Ersten unsere Sehnsucht nach Sicherheit sehr groß ist. Wer will nicht ein sicheres Zuhause, einen sicheren Arbeitsplatz, eine sichere Beziehung? Zum Zweiten meiden wir gerne alles das, was in unserem Leben nicht »sicher« ist. Viele bunkern sich deshalb ein, kaufen Sicherheitsschlösser, Alarmanlagen und fordern vom Staat rechtlich garantierte soziale Sicherheiten und Maßnahmen, wenn sie sich durch Zuwanderung, Cyberattacken, Kriminalität, Pandemien etc. bedroht fühlen. Im Prinzip wollen wir für alles, was wir tun, so gut wie möglich abgesichert sein. Am liebsten wäre uns, gäbe es für alles eine Versicherung. Und das Geschäft mit der »Sicherheit« läuft sehr gut. Es wird uns ja täglich auch von der Werbung eingeflößt, dass wir ohne Lebensversicherung, Reise-, Haushalts, Feuer-, Wertsachen-, Zahn-, Handy-, Diebstahlsversicherung und was es noch alles gibt, nicht leben sollen. Und im Internet nimmt das Thema IT-Sicherheit mit Slogans wie »Stay online, stay safe!« großen Raum ein. Bitte mich jetzt nicht falsch zu verstehen, natürlich sind wichtige Versicherungen notwendig und menschlich ist dieses Sicherheitsdenken absolut verständlich, denn jeder ist in irgendeiner Form um sein eigenes Wohl besorgt und erst recht um das seiner Lieben.

Aber können wir tatsächlich unser gesamtes Leben ab- und versichern? Absolute Lebenssicherheit gibt es nicht. Sogar Informatiker wissen, dass man kein Computersystem, sei die Firewall auch noch so gut, 100%ig vor Zugriffen Fremder schützen kann.
Der deutsche Gesellschaftsforscher Heinz Bude stellt in einem Interview in der Zeitschrift GEO WISSEN Nr. 57 fest, dass unser übertriebenes Sicherheitsbedürfnis von einer grundsätzlichen Angst herrührt, dass das Gute auch immer zerbrechlich und flüchtig ist und die Zukunft schlechter sein kann als die Gegenwart.
Ich denke, das kann man teilen. Auch wenn wir es nicht immer wahrhaben wollen, macht doch jeder von uns auch die Erfahrung, dass das Leben im Grunde immer auch brüchig ist. Dass gewisse Sicherheiten nur Scheinsicherheiten sind. So können wir von heute auf morgen den Beruf verlieren. Gesellschaftliche Anerkennung kann verloren gehen. Freundschaften und Beziehungen können auseinanderbrechen. Trotz Krankenversicherung kann ich erkranken, trotz Lebensversicherung auch sterben. Übrigens das einzig Sichere auf der Welt.

Dazu kommt noch, dass sich viele Menschen auch vor etwas fürchten, was sie zwar selbst nicht erlebt, aber gelesen, von anderen erfahren oder gehört bekommen haben. Besonders digitale Medien befeuern solch ein Verhalten und zeigen uns, was da gegenwärtig alles möglich ist. Denken wir nur an Fake News, skurille Verschwörungstheorien bis hin zu Aufrufen zur Gewalt: Sie können in Sekundenschnelle sehr vielen Menschen zur Verfügung gestellt werden und deren Ängste verstärken. Wie sollen wir damit richtig umgehen?
Natürlich müssen wir akzeptieren, dass solche Ängste da sind, sie können nicht wegdiskutiert werden, aber eines ist auch klar: Nur Angst zu haben vor dem Ungewissen ist mit Sicherheit keine Antwort auf die Frage nach guter Lebensqualität. Wenn wir vor lauter Sicherungsstreben nur mehr Angst davor haben, unsere Sicherheiten zu verlieren, hindert uns das am Leben. Gehört doch zum Leben dazu, dass wir auch Neues wagen, ohne im Voraus zu wissen, ob es gelingt oder nicht. Die Spruchweisheit »Wer nichts wagt, hat schon verloren« hat hier durchaus seine Richtigkeit und Erich Kästner recht, wenn er sagt: »Das Leben ist immer lebensgefährlich.« Hier das rechteMaß zu finden, ist heute ein Gebot der Stunde.

Um aber Ängste abzubauen, müssen wir – so der Soziologe Niklas Luhmann– vermehrt unsere Fähigkeit zu vertrauen wieder in uns wachrufen. Denn ohne Grundvertrauen ist Leben nicht zu bewältigen. Bauen wir doch darauf, dass das Handeln der meisten Menschen von guten Absichten bestimmt ist. (N.Luhmann, Vertrauen, UTB) In dem von mir im letzten Koloman zitierten Buch von Melanie Wolfers ermutigt uns auch die Autorin zu solch einem Verhalten, wenn sie schreibt: »Natürlich, wir schulden es unserer Verletzbarkeit und Selbstachtung, dass wir uns schützen! Aber ebenso gilt: Wir finden nur ins echte Leben hinein, wenn wir es wagen!«

Darüber hinaus finden wir Christen im Glauben an einen Gott, der unser Leben nicht immer absichert, aber uns zugesichert hat, bei uns zu sein, unseren Lebensweg zu begleiten und uns nie – auch in größter Not und Lebensangst – fallen zu lassen, einen sicheren Halt, der Geborgensein, Beschütztsein vermittelt. Wahrlich eine fundamentale »Lebensversicherung«. In Jesus Christus ist Gott uns auch in seinem Menschsein nahegekommen. Auch er hat gewagt, hat Risiko genommen, Ängste durchlebt und darauf vertraut, dass sein Vater ihn nicht im Tode lässt und letztendlich alles gut wird. Eine Osterbotschaft, die auch uns zugesichert ist und deshalb nicht laut genug verkündet werden kann.

Text: August Brückler
Bild: © AdobeStock_207371242.jpeg