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»Wir sagen euch an«

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Die Geschichte hinter dem bekannten Lied

»Wir sagen euch an den lieben Advent. Sehet die erste Kerze brennt! …« Dieses Lied erschallt in vielen Haushalten unseres Pfarrverbandes beim Entzünden des ersten Lichtes am Adventkranz, wie auch in unseren Kirchen. Doch den wenigsten ist bekannt, dass die Verfasserin des in 29 Sprachen übersetzten Adventliedes – Maria Ferschl – eine geborene Melkerin war.

Sie wurde am 18. März 1895 als erstes von 7 Kindern im Melker Haus Nr. 22 (heute Rathausplatz 1) geboren. Ihr Vater Anton Ferschl war K&K Postvorstand (»Post Oberst-Offizial«) in Melk. Sie ist in einem streng katholischen Haus aufgewachsen und ihre Eltern boten oftmals jungen Seminaristen vom Stift »Freitisch«. An eine Erzählung aus Maria Ferschls Kindheit erinnert sich ihre Nichte Gertraud Marceglia, die Maria Ferschl zeitlebens sehr nahe stand, heute noch besonders gerne, wenn Marias Mutter im Advent 24 Kerzen mit Kreide auf einen Türrahmen malte. Abwechselnd durften diese von Maria und ihren sechs Geschwistern bis zum Heiligen Abend ausgemalt und mit Flammen und Strahlen versehen werden. 1901 übersiedelte ihre Familie nach Wien, wo Maria Ferschl nach ihrem Studium in einer Wiener Hauptschule Deutsch, Geschichte, Geografie, Gesang (sie spielte auch mehrere Instrumente) und Turnen unterrichtete.

Ehrenamtlich war sie in der Katholischen Aktion und in der Jugendarbeit tätig. Ab 1928 arbeitete sie maßgeblich im volksliturgischen Apostolat in Klosterneuburg mit, das vom bekannten Augustiner Chorherrn Pius Parsch gegründet wurde. Die Ideen dieser liturgischen Bewegung waren in gewisser Hinsicht auch Wegbereiter für das Zweite Vatikanische Konzil von 1962–1965.

Zum Ende des 2. Weltkrieges zog Maria Ferschl mit ihrer Schwester Margarete (beide zeitlebens unverheiratet) nach Deutschland, zunächst nach Riedhausen, später nach Saulgau, wo sie am 10. April 1982 starb. Maria Ferschl entfaltete eine reiche schriftstellerische Tätigkeit. Sie schrieb unter anderem Weihespiele, Romane wie »Sina, die Magd« oder »Der Tatermann«, ein Hirtenspiel, mehrere Gedichte oder auch unveröffentlichte Romane. 12 Jahre lang schrieb sie für die biblisch-liturgische Kinderzeitschrift »Der junge Weinberg«, die im Herder Verlag erschien. Am bekanntesten aber wurde ihr Text zum Lied »Wir sagen euch an den lieben Advent«, das vom Mainzer Kirchenmusikdirektor Heinrich Rohr vertont wurde. Die öffentliche Uraufführung des Adventliedes, welches heute weltweit bekannt ist, gab es in der Heiligen Nacht 1954 in der Kirche Sankt Michael in Riedhausen (D, Schwabenland).

Maria Ferschl verbindet die vier Strophen mit dem Entzünden der vier Kerzen am Adventkranz. Jede der vier Strophen lässt sich auf entsprechende Bibelverse beziehen. Zum Beispiel erinnert die letzte Strophe an die biblische Aussage nach Jesaja 60,1: »Auf, werde Licht, denn es kommt dein Licht, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir.«

Eine Erklärung zum Text des Kehrverses fand der evangelische Pfarrer Stephan Günzler, der in Amtsblatt und Bürgerzeitung der Stadt Weingarten schrieb: »Dass Gott zur Welt kommt, das ist ein im wahrsten Sinn weltbewegendes Ereignis. Es muss angesagt werden. Man kann es nicht einfach im Vorübergehen zur Kenntnis nehmen, da braucht‘s eine Zeit der Vorbereitung. Zeit, die dazu da ist, sich darüber klar zu werden: Was ist angesagt? Auf was warten wir eigentlich in unserem Leben? Was erhoffen wir für unsere Welt?“

In der ersten Strophe wird »eine heilige Zeit angesagt« – dazu schreibt er weiter: »Hier wird eine Zeit angesagt, die nicht nach Minuten und Stunden zu messen ist. Gottes Zeit. Freudenzeit. Christ, der Retter ist da. Nur wer innehält im rasenden Lauf unserer Zeit, hat Ohren für diese frohe Botschaft. ‚Nehmet euch eins um das andere an, wie auch der Herr an uns getan! Freut euch ihr Christen, freuet euch sehr, schon ist nahe der Herr!‘«

In einem Brief an ihre Nichte Gertraud Marceglia schrieb Maria Ferschl zum Lied wörtlich: »Zum Beginn der Meßfeier oder vor dem Evangelium wurde die entsprechende Kerze am Adventskranz angezündet, von einem keinen Kinderchor wurde der Vers gesungen, und die Gemeinde sang den Kehrvers. Bei außerkirchlichen Feiern wurde eine Kerze um die andere angezündet und dazu die entsprechende Strophe gesungen.« Maria Ferschl begleitete das Lied oftmals mit ihrem Geigenspiel. Wir wünschen Ihnen, wenn Sie an den kommenden vier Adventsonntagen die Strophen dieses Liedes singen, eine guttuende Zeit der Vorbereitung und Zeit, um sich darüber klar zu werden – »Was ist mir angesagt?«

Wir bedanken uns bei Frau Mag. Olga Wladasch, Großnichte von Maria Ferschl, die uns private Anekdoten, Bildmaterial und umfassende Informationen zur Verfügung gestellt hat.

 

Bildbeschreibungen: 
> Maria Ferschl als Kind | Von links nach rechts: Maria (ca. 7 Jahre alt), der Vater Anton Ferschl (Postoberst-Offizial in Melk), die Mutter Maria Ferschl (geb. Schmit), Marias Brüder Walter, vorne: Alex und Anton
> Maria Ferschl als Studentin
> Maria Ferschl war der Natur sehr verbunden

Text: Olga Wladasch und Lisa Funiak
Bilder: © AdobeStock_478513713.jpeg, zVg. Olga Wladasch