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Im Gespräch bleiben

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Gedanken zur Dialogfähigkeit

Zu einem wertschätzenden Umgang mit der Welt gehört auch der sensible Umgang mit der Sprache.
Wir alle erleben es tag täglich, als Zuseher und als Beteiligte, am Arbeitsplatz , in privaten Beziehungen:
Gespräche werden geführt, es wird 
argumentiert, gestritten, beleidigt , mit viel Einsatz wird versucht zu überzeugen –
oft mit zweifelhaftem Erfolg. Im Glauben, dabei alles im Griff 
zu haben, fühlen wir uns manchmal noch weniger verstanden als zuvor.
Warum ist das so?

Vereinfachte Antwort: Weil wir oft nicht richtig miteinander kommunizieren, zu wenig dialogbereit sind.
Wir suchen lieber die Konfrontation, statt ehrliche Gespräche zu führen, die neue Horizonte eröffnen.
Für Kommunikationsexperten ist klar: Dialogbereitschaft zu zeigen ist ein Schlüssel für sämtliche Konflikte,
wenn wir in Frieden und Freiheit miteinander leben und Wertschätzung ernten wollen. In der Familie, in der Gesellschaft, in sozialen Netzwerken.

Nach dem Religionsphilosophen Martin Buber ist der Mensch ein soziales Wesen, das sich nur durch
Beziehung entfalten kann. In seinen Werken definiert er die Grundvoraussetzungen für echte Gespräche:
Authentisch sein, sich einbringen und die Hinwendung zum Anderen.
Sein Kernsatz : »Das Ich wird am Du zum Ich.«
Auch Viktor Frankl, der Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse, meint, dass Menschen soziale Wesen sind, die den Dialog wollen und brauchen. Dieser muss getragen werden von gegenseitiger Wertschätzung. Und durch Bewusstmachen,
Mitteilen der Gedanken und Gefühle und durch aktives Zuhören kann die Qualität von Beziehungen verbessert werden.

Im Dialog bleiben mit sich selbst

Dialogbereitschaft beginnt zuallererst bei sich selbst. Viele Menschen kritisieren sich oft selbst, werfen
sich Dinge an den Kopf, mit denen man andere sicher beleidigen würde. Sie merken meist gar nicht, was sie
sich selbst damit antun.
Nach dem Mentaltrainer H.G. Wells ist daher der erste Schritt, den inneren Dialog zu ändern, ihn überhaupt
erst einmal wahrzunehmen. Wir müssen negative Selbstgespräche erkennen, um sie durch positive ersetzen zu können. Negative Selbstgespräche sind nämlich Gift. Sie blockieren die eigene Leistung, machen depressiv. Ein wohlwollender, verständnisvoller und liebevoller innerer Dialog ist daher das Geheimnis einer selbstbewussten und harmonischen Persönlichkeit. Das unscheinbare Wörtchen »noch« fungiert hier als eine Art Zauberwort. Damit kann man Botschaften
an sich selbst auf sehr effektive Weise verändern. Das »noch« deutet an, dass man bereits auf dem Weg ist, etwas zu ändern.
»Ich habe keine Arbeitsstelle.« vs. »Ich habe noch keine Arbeitsstelle.«
Je seltener man schlecht über sich denkt, desto besser wird man sich fühlen.

Mit Andersdenkenden

Eine Vielfalt von Weltanschauungen und Lebensstilen kennzeichnet unsere Gesellschaft. Daher stehen
oft unterschiedliche Meinungen nebeneinander. Wie können wir mit Andersdenkenden ins Gespräch kommen?
»Lass dir öfter sagen, was du nicht hören willst«, sagt Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland. Das gelte für Politiker ebenso, wie für jeden Einzelnen. Der Theologe beobachtet einen Zerfall des inneren Zusammenhalts in Europa. Daher plädiert er für eine neue Kultur des Zuhörens: »Erst wenn wir einander zuhören lernen und das Streiten nicht scheuen, teilen wir wieder eine Wirklichkeit. Danach können wir gemeinsam nach Lösungen suchen.«

Dialog in unserer Kirche

2017 hat Papst Franziskus während seiner Ägyptenreise eine bemerkenswerte Rede über die Bedeutung
der Religionen für den Frieden gehalten. In knappen Worten hat er dabei auch über drei grundlegende Ausrichtungen gesprochen, die für den Dialog hilfreich sein können: die Verpflichtung zur Wahrung der Identität, der Mut zur Andersheit und die Aufrichtigkeit der Absichten. Diese Ausrichtungen sind keineswegs nur für den interreligiösen
Dialog wichtig, sondern eigentlich für jeden echten Dialog, auch innerhalb der Kirche. Gerade bei uns sollte der Dialog ein Weg sein, um zur Gemeinsamkeit zu finden angesichts einer Vielfalt von Meinungen, Sprechweisen und Ausdrucksformen
des Glaubens. Kirchliche Richtlinien und pfarrliche Praxis klaffen häufig auseinander. Deshalb verlaufen Dialoge oft nicht unbedingt harmonisch. In kritischen Situationen wird dann häufig ein »Machtwort« gesprochen.
Ein Dialog beruht aber auf gleichwertiger Gegenseitigkeit. Er sucht nach einem Vergleichen der Standpunkte, nach Annäherung und besserem Verstehen. Dialog bedeutet in Beziehung sein, sich seinem Gegenüber mit Wertschätzung zu öffnen, von Herzen zu sprechen. Das schafft ein unglaubliches Potential, ermutigt zum gemeinsamen Denken. Altes darf sich ändern.

Das Bemühen um einen gelingenden Dialog – mit wem und wo auch immer – ist daher eine besondere Herausforderung gerade für uns Christen.
Denn eine gute Ernte wird nur dann möglich, wenn wir miteinander im Gespräch bleiben, Sprache mit Bedacht einsetzen. So können wir Spaltungen vermeiden und neue Beziehungsbrücken schlagen.

Ein paar Fragen an uns: 
- Wie weit bin ich dialogfähig und mit wem bin ich bereit, einen Dialog zu führen? 
- Wo sind für mich Grenzen des Dialogs?
- Welche »Dialoge« gibt es in unserer Pfarre?
- Wo ist unsere Pfarre offen für Neues? 

Antworten | Fragen an: august.brueckler@gmail.com

Quellen:
Buber: Das dialogische Prinzip, 1999
Lilie: Unerhört! Vom Verlieren und Finden des Zusammenhalts, 2018
https://www.pastoral.at/citypastoral
https://www.karstennoack.de/selbstgespraeche-innere-dialoge

Bilder: © 14448539455_655a296a17_o_by_bernard_spraggnz_cc0-gemeinfrei_fl ickr-com_pfarrbriefservice_.jpg, stock.adobe.com_206071888.jpeg