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»Herrschaftszeiten no amoi ...«

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Nicht immer reagieren wir auf Situationen, die uns ärgern, entspannt. Nicht immer gelingt es uns, unseren Frust mit kontrolliertem Durchatmen zu unterdrücken, bevor uns vorschnell etwas herausrutscht, was wir gar nicht sagen möchten. Ab und zu muss es aber sein, dass unser schlecht gelauntes Ich auch lautstark auf die Bühne tritt. Dafür haben wir ein großes Repertoire an Flüchen parat.
Einer davon ist der Titel dieser Kolumne. Ältere von Ihnen kennen diesen Ausdruck bestimmt noch. Vielleicht verwenden Sie ihn sogar noch hie und da, wenn Sie ihrem inneren Grant einen bühnenreifen Auftritt verschaffen wollen.
Wie auch immer, in der Regel wird er verwendet, um Frustration oder Ärger über eine unerwartete oder unangenehme Situation auszudrücken. Dieser Fluch-Ausruf »Herrschaftszeiten no amoi« ist zwar nicht unbedingt beichtstuhlpflichtig, kommt aber tatsächlich aus der christlichen Tradition und heißt »Herr schau auf‘d Seitn«, was soviel bedeutet, wie dass der Herrgott wegsehen soll.
Gemeint ist also: Herr, schau auf die Seite, wenn ich meinen Unmut auf diese Art prompt ausdrücken will, hör einfach nicht hin. Mit dem eigentlichen Begriff »Herrschaftszeit« hat er also nicht unmittelbar etwas zu tun.

Dass dieser Ausruf sogar literarisch salonfähig geworden ist, hat mich überrascht. Im neuen Roman »Dunkelblum« von Eva Menasse verwendet ihn der junge Graun, der während einer Autofahrt beinahe mit einem Lastwagen kollidiert wäre, hätte er sein Steuer nicht im letzten Augenblick herumgerissen. Seine Reaktion: »Wahrscheinlich wieder so ein Jugo, der den Führerschein im Lotto gewonnen hat, Herrschaftszeiten…«. Warum wir für unsere neue Ausgabe des KOLOMAN den Titel »Herrschaftszeiten« gewählt haben, liegt aber nicht nur an der interessanten Bedeutungsveränderung des Wortes, ist auch keine Werbung für Johann-Philipps Schlossbesuche, sondern ist darin begründet, dass »Herrschaftszeiten« auch einen wunderbaren Bogen zu unserem Weihnachtsevangelium spannt.
Wird uns doch darin verkündet, dass mit der Menschwerdung Gottes eine neue Zeit seiner Herrschaft angebrochen ist. Eine Herrschaft aber, die ganz anders geartet ist als eine weltliche, in der Macht über Abhängige durch Machtmittel ausgeübt wird.

Die Antwort Jesu auf die Frage des Pilatus, ob er ein König sei, ist uns bekannt: »Mein Königreich ist nicht von dieser Welt« (Lk18,36). Seine Botschaft vom kommenden Reich Gottes umfasst vielmehr die Aufforderung an die Menschen, sich selbst und ihr ganzes bisheriges Handeln zu überprüfen und aufzugeben, was sie von Gott trennt. Jesus gibt den Menschen ganz neue Maßstäbe. Sie haben in den Lebensregeln der Bergpredigt, besonders im Gebot der Feindesliebe, ihren Ausdruck gefunden.

Sichtbar begonnen hat seine »Herrschaftszeit« mit seiner Menschwerdung im Stall von Bethlehem. Und aufgrund seines Kreuzestodes und seiner Auferstehung wissen wir: Weil Christus durch unseren Glauben in unseren Herzen lebt, wird seine Herrschaft groß und des Friedens kein Ende sein. Was für eine Hoffnung!

Text: August Brückler
Bild: AdobeStock_647651428.jpeg