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»und Gott mittendrin«

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Dass wir für unsere Weihnachtsaugabe des Koloman den Titel »Mittendrin« gewählt haben, liegt nicht nur in der Tatsache begründet, dass er ein Slogan für die kommende PGR-Wahl ist, sondern erinnert uns auch daran, dass er zur Mitte unseres Glaubens führt.

Spannende Bücher zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie uns in den Bann ziehen können und uns die Möglichkeit geben, uns mitten in sie hineinversetzen zu können und uns einladen, uns mit einzelnen Figuren zu identifizieren. Dasselbe gilt auch für die Bibel, das Buch unseres Glaubens. Erzählt sie doch von Anfang an, dass Gott immer mittendrin im Weltgeschehen ist. Der biblische Gott ist eben kein ferner Gott, der irgendwo im Kosmos verortet werden muss, sondern einer, der mit den Menschen unterwegs ist.

Ich lade Sie daher heute zu einer kleinen biblischen Reise ein, um einige interessante Entdeckungen zu machen. Voranstellen möchte ich eine Grunderfahrung, die wir alle in unserem Leben schon gemacht haben: Wir unterscheiden uns kaum von vielen Personen der Bibel, die schwierige Situationen erleben mussten und sich trotzdem auf Gott verlassen haben und vertrauen konnten, weil er sich zu erkennen gab als ein »Gott mit uns«. Denken wir beispielsweise an einzelne Personen wie Abraham, Jakob, Mose, die großen und kleinen Propheten und all die, denen Gott begegnete, um sie auf ihrem Weg zu begleiten. Und ihre Wege waren nicht immer gerade und einfach. Erfahrungen, die auch wir machen. Auch wir haben Höhen und Tiefen. Wer kennt das nicht? Wenn nicht alles so rund läuft, wie wir das gerne hätten, uns vielleicht sogar ein Schicksalsschlag trifft, wird unser Glaube an einen Gott, der »mit uns« geht, schnell auf die Probe gestellt. Wir beginnen zu zweifeln, zu hadern, das Vertrauen in Gott bröckelt. Es kann aber wieder aufgebaut werden, wenn ich die Hoffnung nicht aufgebe, dass Gott letzten Endes es gut mit mir meint, ich wieder Kraft aus meinem Glauben schöpfen kann, weil ich vertrauen darf, dass er – gerade in meinen Lebenstiefen – mit mir geht, mittendrin ist.

Und wenn wir nach biblischen Motiven suchen, die uns einen Gott »mittendrin« vermitteln, kommen wir am Schöpfungsmotiv nicht vorbei, das uns bereits einen ersten Hinweis auf die Frage gibt: Woher kommt das Leben? Klare Antwort: Nicht aus dem Chaos, sondern von Gottes lebendiger Kraft. Wiederholt tauchen in biblischen Texten auch viele andere Motive wie das Exodusmotiv, Umkehrmotiv, Glaubensmotiv u.a. auf. Interessant ist aber ein Motiv, das sich durch das ganze AT zieht: Kinderlosigkeit. Denken wir dabei an die Geschichten von Abraham und Sara. Beide sind schon so alt, dass die Frau Abrahams der Verheißung Gottes keinen Glauben mehr schenkt (Gen 16–18), doch wurde sie später schwanger und gebar Isaak. Oder denken wir an die Verzweiflung der Hanna, die im Heiligtum um Kinder fleht (1 Sam 1). Oder wie Rahel ihren Mann Jakob bedrängt: »Verschaff mir Söhne! Wenn nicht, sterbe ich.« (Gen 30,1). Sie spricht aus, was Kinderlosigkeit damals bedeutete: Kinderlose Frauen waren im Alter allein, sie wurden nicht versorgt und waren rechtlos. Eine Familie hatte ohne Kinder keine Zukunft. Darüber hinaus wird Kinderlosigkeit im AT auch zum Bild für die Not des ganzen Volkes. Beispielsweise erlebt Israel das Exil wie eine kinderlose Frau: »Ich war unfruchtbar, einsam, vertrieben und verstoßen« (Jes 49,21). Aber dann greift Gott letztlich doch ein. Er bedient sich dabei der Propheten, die den Menschen wieder Mut machen und ihr Gottvertrauen stärken. Auch die Evangelisten greifen gerne Vorhersagen aus dem AT auf, um theologische Zusammenhänge aufzuzeigen. Es verwundert daher nicht, dass der Evangelist Lukas in seiner Vorgeschichte zur Geburt Jesu diese Hoffnung wieder aufgreift: Wie Gott im Alten Testament sich auf die Seite der kinderlosen Frauen stellt und sich ihrer erbarmt, so wird er auch jetzt rettend eingreifen. Am Beispiel von Zacharias und Elisabeth, den Eltern von Johannes, die lange auf ein Kind gewartet haben, erfüllt sich bereits Gottes Zusage und das Kind in der Krippe, das Maria zur Welt bringt, bringt schließlich die alles entscheidende Wende. In Jesus wird Gott selbst Mensch, wird hineingeboren in die Schicksalsgemeinschaft der Menschheit, als solcher ist er somit mittendrin in unserem Leben.

Was bedeutet das für unser Weihnachten 2021?
Dass sich im Kind in der Krippe Gott selbst uns allen zuwendet, um unsere Welt und unser Menschsein durch seine Menschenfreundlichkeit zu verwandeln. Das ist die Botschaft, die uns jedes Jahr verkündet wird. Gott kommt uns Menschen nah, er wird einer von uns, er ist »mittendrin«, mitten unter uns. Aber mit der Geburt allein ist es nicht getan. Erst im Laufe seines Lebens gibt Jesus uns viele Beispiele, um uns zu zeigen, wie die Welt menschenfreundlicher, gerechter und friedvoller werden könnte. Denken wir dabei besonders an seine Worte in der Bergpredigt, die als Kernstücke des Christentums gelten, wie die Seligpreisungen, das Gebot der Feindesliebe, die »Goldene Regel« und das Vaterunser. Immer wieder lädt uns Jesus ein, mitzubauen am Reich Gottes, das bereits da ist, mitten unter uns. Und jedes Jahr zu Weihnachten werden wir daran erinnert, dass uns Jesus aufruft, unsere Mitmenschen zu lieben und allen mit Respekt zu begegnen. Vor allem auch Gutes zu tun, sich gegenseitig zu helfen und Benachteiligte und Schwächere nicht aus den Augen zu verlieren.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen besinnlichen
Advent und eine gesegnete Weihnacht.

Text: August Brückler
Bild: AdobeStock_42381635