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»Schöpfungszeit«

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Unsere Welt braucht eine Wandlung

Fünf Jahre ist es nun her, dass »Laudato si« | »Über die Sorge für das gemeinsame Haus«, die Umweltenzyklika
von Papst Franziskus, erschienen ist. Zum ersten Mal wollte mit diesem verbindlichen Dokument ein Papst die dringlichen ökologischen Fragen in der gegenwärtigen Zeit des unbestreitbaren Klimawandels ins Zentrum stellen. Die Bedeutung des Schreibens liegt wohl im umfassenden Ansatz, den Franziskus gewählt hat. Umweltschutz, Bekämpfung von Armut und Einsatz für Gerechtigkeit und menschliche Würde sind nämlich für den Papst nicht trennbar, denn ökologische Lösungen haben für ihn immer auch soziale Bedeutung. Die Verschmutzung und Ausbeutung der Umwelt und die Folgen davon spüren ja in allen Ländern besonders die Armen und Rechtlosen, die weder Macht noch Mittel haben, dagegen etwas zu unternehmen. Franziskus kommt daher zum Befund » …dass das gegenwärtige weltweite System unter verschiedenen Gesichtspunkten unhaltbar ist, denn wir haben aufgehört, an den Zweck des menschlichen Handelns zu denken.« (Nr. 61) Nichts weniger als eine Wandlung in unserem Umgang mit der Welt als Schöpfung und Lebensraum von Mensch und Tier verlangt der Papst angesichts drohender ökologischer und sozialer Katastrophen. Und er ist überzeugt davon, dass wir zu einer solchen Wandlung auch fähig sind. In diesem positiven und hoffnungsvollen Grundton liegt eine der Stärken von »Laudato si«. Die besondere Leistung der Enzyklika besteht aber auch darin, dass Papst Franziskus dabei den Sorgen und Ängsten vieler Menschen – ungeachtet ihrer Religion (!) – angesichts globaler Ungerechtigkeit und ökologischer Krisen eine Stimme gegeben hat.


Nicht nur in der Kirche, auch in Weltpolitik und Zivilgesellschaft hat Franziskus damit für Aufsehen gesorgt, weshalb Aussagen oder Forderungen aus dem päpstlichen Schreiben in Parlamenten und auf Parteitagen genauso zu finden sind wie bei Demos und Debatten, wo Klimawandel und Umweltschutz Thema sind.


Die »Fridays for future«-Bewegung gehört hier sicher zu den prominentesten Beispielen. Doch bei genauerer Betrachtung kann man noch vieles, was einen Schritt in Richtung gesunde Umwelt und soziale Gerechtigkeit darstellt, finden – auch in unserer Region, in der unmittelbaren Umgebung, in Gemeinde und Pfarre. Diese großen und kleinen Initiativen sind erkennbare Schritte unserer Wandlung im Umgang mit der Welt als Schöpfung.


Heuer, also fünf Jahre nach Erscheinen des päpstlichen Schreibens, hat der Vatikan ein neues Dokument mit dem Titel »Auf dem Weg zur Sorge für das gemeinsame Haus« veröffentlicht, in dem nun konkrete Vorschläge und Initiativen vorgestellt werden, die im Rahmen einer ganzheitlichen Ökologie Schritt für Schritt zu mehr Umweltschutz und sozialer Gerechtigkeit führen sollen. In einem Kapitel erfährt man so auch von den Umweltschutzbemühungen im Vatikan (Grünflächenbewirtschaftung, Energieverbrauch, Wasseraufbereitung etc.). Dabei wird klar, eine Wandlung zum rechten Umgang passiert nirgends von heute auf morgen, sondern stets schrittweise.


In den vergangenen Monaten hat aber auch etwas zur Wandlung in unserem Umweltbewusstsein geführt, was man auf den ersten Blick nicht vermuten würde. So mussten wir in unserer Gesellschaft in letzter Zeit etwa unser Wirtschaften, unsere Mobilität und den individuellen Lebensstil überdenken. Mancher und manche ist vielleicht draufgekommen, dass man ruhig auf einiges verzichten kann, was zuvor unverzichtbar erschien. Der Linzer Theologe Michael Rosenberger spricht da vom »Kairos«, dem idealen Zeitpunkt, eine ökologische Umkehr zu starten.


Auch die christlichen Kirchen wollen zu einer Umkehr oder Wandlung anstoßen, wenn sie im Jubiläumsjahr von »Laudato si« vom 1. September bis 4. Oktober (Fest des Hl. Franziskus) die »Schöpfungszeit 2020« begehen, in der sie auf die Dringlichkeit der Bewahrung der Schöpfung erinnern. Die Katholische Aktion der Diözese St. Pölten verleiht Zertifikate etwa Green Events, um klimafreundliche Veranstaltungen zu stärken. Gruppen können mit dem Autofasten an einem Gewinnspiel teilnehmen, und auch die Aktion »RADLn in die Kirche« ist ein ökologischer Wettstreit für pfarrliche Gruppen. (Noch viele andere Infos und Anregungen finden Sie unter: www.schoepfung.at oder www.katholisch.at/schoepfungszeit)


Papst Franziskus hat in seiner Enzyklika vor fünf Jahren unser Bewusstsein dafür geschärft, wie Umweltschutz und Menschenwürde zusammenhängen, denn nur in einer gesunden Umwelt können alle Menschen gut und gerecht leben, er mahnt aber auch unser Tun ein. »Wir müssen wieder spüren, dass wir einander brauchen, dass wir eine Verantwortung für die anderen und die Welt haben.« (Nr. 229)


Der ideale Zeitpunkt für eine Wandlung ist da.




Gemeinsames Gebet für die Erde und die Menschheit

Liebevoller Gott,
Schöpfer des Himmels, der Erde, Schöpfer von allem, was es gibt:
Öffne unseren Geist und berühre unsere Herzen,
damit wir Teil der Schöpfung sein können, die Du uns geschenkt hast.
Stehe den Bedürftigen in diesen schwierigen Tagen bei,
vor allem den Ärmsten und Verwundbarsten.
Hilf uns dabei, kreative Solidarität zu zeigen
beim Umgang mit den Folgen dieser globalen Pandemie.
Lass uns mutig die Veränderungen angehen,
die die Suche nach dem Gemeinwohl von uns verlangt.
So dass wir heute – mehr denn je – fühlen können,
dass wir miteinander verbunden und voneinander abhängig sind.
Lass uns den Schrei der Erde und der Armen
hören und darauf antworten.
Mögen die heutigen Leiden Geburtswehen sein,
Geburtswehen einer geschwisterlichen und nachhaltigeren Welt.
Darum bitten wir unter dem liebenden Blick Mariens, der Hilfe der Christen,
durch Christus, unsern Herrn.
Amen.

Papst Franziskus zum »Laudato Si«-Jahr 2020 (5 Jahre »Laudato Si‘«)

Text: Raimund Stadlmann
Bild: © AdobeStock_72741948.jpeg