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»Mittendrin«

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Vielleicht waren Sie am Vorabend zu Allerheiligen auch bei der Nacht der 1000 Lichter in Matzleinsdorf und sind dort im Pfarrgarten das Labyrinth abgeschritten.
Wer das gemacht hat, ist nach zahlreichen von Kerzen ausgeleuchteten Wendungen und gewundenen Wegstrecken am Ziel angekommen: in der Mitte.

Die Mitte scheint für uns Menschen seit jeher ein Sehnsuchtsort oder ein Ideal zu sein, was auch die vielen Redewendungen und sprachlichen Bilder, die um die Mitte kreisen, veranschaulichen. Wer zufrieden in sich ruht, hat die innere Mitte gefunden. Wer lebenstüchtig, realistisch und erfolgreich seinen Alltag meistert, den|die wähnen wir mitten im Leben stehend. Im Konfliktfall freuen wir uns über geschickte Vermittler, die die Wogen glätten und die Streitenden befrieden, in guten Schulen wird das Wissen mit Augenmaß vermittelt.
Die goldene Mitte ist für uns der kluge Kompromiss zwischen den Extremen und schon der römische Dichter Ovid empfahl: In der Mitte wirst du am sichersten gehen. Sogar für die perfekte Flucht empfiehlt sich der Weg ab durch die Mitte und einer der erfolgreichsten Werbeslogans, der Einzug in unsere Alltagssprache gehalten hat, lautet: Mittendrin statt nur dabei, als ob Dabeisein im Vergleich zum Im-Zentrum-Stehen etwas Schlechtes sei.

Warum ist die Mitte für uns derart bedeutsam und ist alles abseits davon bloß Randerscheinung?

Vielleicht liegt der Grund in unseren vielen Aufgaben, Pflichten, Betätigungsfeldern und Rollen, die unseren Alltag bestimmen, und dabei erleben wir uns in einem mannigfaltigen Mittendrin. Wir sind mitten in unseren Familienbanden verwoben, stehen mitten in der Arbeit unseren Mann oder unsere Frau, engagieren uns in Vereinen oder bei ehrenamtlichen Tätigkeiten und wir haben alle unterschiedliche Freundeskreise und noch vieles mehr. Auch wir selbst haben ganz persönliche Ansprüche an unser Leben; und setzen wir nicht als gläubige Christinnen und Christen unseren Lebensmittelpunkt in Jesus Christus an? So müssen wir bei genauerer Betrachtung erkennen, dass die meisten von uns nicht nur eine, sondern viele Mitten haben. Überall dort sind wir mittendrin.

Beim Versuch, diese vielen Mitten unseres Lebens zu meistern und in Harmonie zu halten, können wir wohl nicht jederzeit und überall im Zentrum stehen. Oft werden wir uns auch am Rande bewegen und aus der Distanz beobachten oder abseits der Mitte neue Kraft schöpfen. Dann ist auch bloßes Dabeisein gut und genug. So ist es beruhigend zu wissen, dass diese Mitte – egal ob sie in der Familie, im Beruf, im Freundeskreis, in der Kirche oder anderswo verortet ist – bis an die Ränder reicht, Kraft und Halt spendet.

Diese Erfahrungen und der Glaube, dass Jesus für uns und mitten unter uns Mensch geworden ist, erlauben unser Christsein mittendrin im Leben.

Text: Raimund Stadlmann
Bild: © AdobeStock_24830878.jpeg